russische Kunst.

russische Kunst.
rụssische Kunst.
 
Die altrussische Kunst entwickelte sich auf der Grundlage von Elementen der antiken, skythischen, baltischen, finnougrischen und ostslawischen Kultur. Mit der Annahme des Christentums 988 verstärkten sich die byzantinischen Kultureinflüsse, die die Kunst der Kiewer Rus (bis Anfang des 13. Jahrhunderts) entscheidend prägten. Die neue russische Kunst setzte ein, als sich unter Peter dem Großen Russland nach Europa hin öffnete. Die Periode der sowjetisch-russischen Kunst begann nach der Oktoberrevolution 1917 und endete 1991 mit Auflösung der Sowjetunion. Die r. K. der Gegenwart wird von der postsozialistisch russischen Kunst bestimmt.
 
 ALTRUSSISCHE KUNST
 
 
Der Einfluss der byzantinischen Kultur bewirkte einen Aufschwung im Städtebau. Von Byzanz übernommen wurde der Typ der Kreuzkuppelkirche, nach dem byzantinischen Meister die ersten Kirchen in der Kiewer Rus bauten, so die Erlöserkathedrale in Tschernigow (1036), die Sophienkathedralen in Kiew (1037-um 1100), in Polozk (1044-66) und jene in Nowgorod (1045-52), die mit fünf Schiffen und Kuppeln das Kiewer Vorbild vereinfachte und zu geschlossener Wirkung brachte, die Mariä-Himmelfahrtskathedrale im Kiewer Höhlenkloster (1073-78; 1941 zerstört). Spätere russische Baumeister lockerten in Anlehnung an einheimische Traditionen der Holzbauweise die byzantinische Strenge der Sakralarchitektur auf.
 
Monumentalbauten wurden im Kiewer Reich fast ausschließlich aus Stein errichtet, besaßen, wie in Kiew ausgegrabene Paläste zeigen, geräumige Gewölbe und eine reiche Innenausstattung (Marmor-, Schiefergesimse, Mosaiken, Fresken). Die großen Nowgoroder Bauten aus dem 12. Jahrhundert orientierten sich im Grundriss v. a. an der Kiewer Mariä-Himmelfahrtskathedrale, so die Kirchen im Jurjewkloster (1119-30) und Antoniuskloster (1117-19). Der Westbau beider Klosterkirchen ist mit Kuppeln und Treppenturm versehen; ihre Außengliederung zeigt Anklänge an die romanische Baukunst.
 
Als das Kiewer Reich Anfang des 13. Jahrhunderts zerfiel, kam es in der altrussischen Kunst zu einer zunehmenden Regionalisierung. Im Fürstentum Wladimir-Susdal entwickelte sich von der Mitte des 12. bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts eine auf Schmuckwirkung bedachte, für westliche, besonders lombardische Einflüsse offenere Baukunst. Die meist aus verputztem Ziegelmauerwerk unter Mitwirkung ausländischer Baumeister errichteten Profan- und Sakralbauten zeichnen sich durch Harmonie der Proportionen und plastischer Gliederung der Außenwände aus: Palastbauten (1158-65, nur fragmentarisch erhalten) und Mariä-Schutz(Pokrow)-Kirche an der Nerl (1165) in Bogoljubowo, die Demetriuskirche (1194-97) im Kreml von Wladimir, die Georgskathedrale (1230-34) in Jurjew-Polskij.
 
Für den Kirchenbau in Smolensk ist besonders die Erzengel-Michael-Kirche (1191-94) mit ihrer plastischer Formung des Baukörpers (mit drei ausgegliederten Vorhallen) charakteristisch. In Nowgorod entwickelte sich in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts ein eigenständiger Kirchenbau. Der kubische Baukörper, vorwiegend vom Vier-Pfeiler-Typus, wurde durch zwei sich kreuzende Satteldächer abgedeckt, die Außenwände schlossen oben mit Kleeblattbögen ab und wurden mit kerbschnittartigen Ornamenten und Symbolen geschmückt, u. a. die Fjodor-Stratilat-Kirche (1360/61) und die Christi-Verklärungskathedrale an der Iljastraße (1374).
 
Die frühen Kirchen des Moskauer Reichs folgten dem Prinzip einer dynamischen Baukörpergestaltung. Stützkonstruktionen aus stufenförmig aufsteigenden Gurtbögen, die von den Außenwänden zur Mittelkuppel überleiteten, ersetzten die Pfeiler (z. B. Erlöserkathedrale im Moskauer Andronikowkloster, 1420-27). Als Großfürst Iwan III. in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts mit dem Ausbau des Moskauer Kreml begann, zog er italienische Baumeister hinzu, so u. a. A. Fieravanti, P. A. Solari, A. F. Nowyj, M. Ruffo, die neben der Mariä-Himmelfahrts (Uspenskij)- (1475-79), der Erzengel-Michael- (1505-08) und der Verkündigungskathedrale (1484-89), alle russisches Vorbild folgend), auch Fortifikationsanlagen und Profanbauten errichteten, u. a. den Facettenpalast (Granowitaja Palata, 1487-91). Die Wehranlage des Moskauer Kreml (1485 ff.) beeinflusste die übrigen Kremlanlagen in Russland (u. a. Nowgorod, 1484-90; Kolomna, 1525-31; Smolensk, 1595-1602) und die Befestigungsbauten vieler Klöster (u. a. Neues-Jungfrauen[Nowodewitschij]-Kloster in Moskau, um 1600, Spasso-Jefimij-Kloster in Susdal, um 1670-80). Der von den Italienern hervorgebrachte Innovationsschub erlaubte russischen Meistern, Formen der Holzbaukunst in Stein nachzuahmen, wie es offenbar bei der Himmelfahrtskathedrale von Kolomenskoje (1532) geschah (Typ der »Zeltdachkirche«). Die Basiliuskathedrale (1555-61) auf dem Roten Platz in Moskau dürfte mit ihren neun Turmkirchen, der Galerie und dem Glockenturm ebenfalls einen Holzbau kopiert haben.
 
In der Spätphase der altrussischen Baukunst im 17. Jahrhundert dominierten der Drang in die Höhe, zu mehr Farbigkeit und Dekor sowie zu reicher, oft asymmetrische Gliederung der Baukörper. Die Türme des Moskauer Kreml erhielten zeltdachförmige Aufbauten. Über den Klostertoren entstanden hoch aufragende Torkirchen (Neues-Jungfrauen-Kloster in Moskau, Troize-Sergijewa Lawra in Sergijew Possad). Ende des 17. Jahrhunderts nahm der Moskauer »Reichsstil« deutliche Züge des europäischen Barocks an und entwickelte sich zum harmonisch gegliederten, repräsentativen Naryschkin-Barock, so die unten vierpassartig ausgebuchtete, von weitläufigen Galerien und Freitreppen umgebene Mariä-Schutz(Pokrow)-Kirche in Fili (1690-93). Beispiele der leichter wirkenden profanen Monumentalarchitektur sind der prunkvolle Terempalast im Moskauer Kreml (1635-36) mit aufgesetztem einstöckigem Baukörper oder der Sucharjew-Turm (Moskau, 1692-95).
 
 
Von Bedeutung war bis zum 17. Jahrhundert das Relief. Frühe Reliefplatten aus Kiew (11. Jahrhundert) stehen der byzantinischen Kunst nahe, die Bauplastik der Kirchen von Wladimir-Susdal (12./13. Jahrhundert) zeigt v. a. lombardische, die Reliefzyklen der Demetriuskirche im Kreml von Wladimir romanischen und armenisch-georgischen Einfluss. Einen ersten Höhepunkt brachten im 15. Jahrhundert die Werke von W. D. Jermolin (Sankt-Georgs-Gruppe, um 1462-64; Moskau, Tretjakow-Galerie). Die figürliche Rundplastik blieb volkstümlich und erreichte erst am Ende des 17. Jahrhunderts ein höheres Niveau.
 
 
Mosaiken und Wandmalereien der ersten Kirchen Kiews (10./11. Jahrhundert) wurden von byzantinischen Meistern ausgeführt. Während die Fresken (um 1109) der Sophienkathedrale in Nowgorod in byzantinisch/Kiewer Tradition standen, war die Wandmalerei in der Mariä-Geburts-Kirche im Nowgoroder Antoniuskloster westlich-romanisch beeinflusst. Die Buchmalerei beschränkte sich noch auf Kopien bulgarischer illuminierter Handschriften (Ostromir-Evangeliar, 1057, Sankt Petersburg, Saltykow-Schtschedrin-Bibliothek). Im 14. Jahrhundert hatte sich das Zentrum der Buchmalerei von Kiew über Nowgorod nach Moskau verlagert. Ikonen des 12./13. Jahrhundert zeigen einen einheitlichen, von Byzanz geprägten Stil und lassen sich nicht eindeutig bestimmbaren Zentren zuordnen (Kiew, Wladimir-Susdal, Jaroslawl, Nowgorod). Die Wand- und Ikonenmalerei Nowgorods erhielt durch Theophanes den Griechen im späten 14. Jahrhundert neue Impulse. Sein expressiver Stil griff dann nach Moskau über, wo er und A. Rubljow führend an der Ikonostase (1405) der Verkündigungskathedrale im Moskauer Kreml beteiligt waren. Die Sujets der Nowgoroder Ikonen wurden durch szenische und historische Darstellungen bereichert, auch eine Vorliebe für Tiermotive ist zu erkennen. Die von starkem Naturgefühl getragenen Ikonen aus Pskow repräsentierten mit ihrem betont rotgrünen Kolorit einen eigenen Stil. Um 1500 waren Dionissij und dessen Söhne in der Malerei führend, die im Bereich der Ikone im 16. Jahrhundert vielfiguriger und subtiler wurde. Seit Mitte des 17. Jahrhunderts nahm die Wand- und Ikonenmalerei leicht barocke Züge an, d. h., die Figuren wurden plastischer, in ideale Landschaften gesetzt und die dem Neuen Testament entnommenen Themen wie Passion, Gleichnisse, Apostelgeschichte und Apokalypse leicht sentimental gestaltet. Auch porträthafte Ikonen, die zum Bildnis tendieren, entstanden häufiger. Typischer Vertreter dieser Malweise war der Hofmaler S. F. Uschakow. Russische Meister versuchten sich auch im Holzschnitt, seltener im Kupferstich.
 
 NEURUSSISCHE KUNST
 
Architektur, Städtebau:
 
Mit der Gründung Sankt Petersburgs (1703) drangen neue Prinzipien des Städtebaus und der Architektur nach Russland. Die hauptsächlich von westeuropäischen Architekten errichtete Hauptstadt wurde in der Gründungsperiode durch den strengen Stil v. a. D. Trezzinis geprägt. Er setzte mit der als Hallenkirche und hohem Westturm gebauten Peter-und-Pauls-Kathedrale (1712-32) einen ersten, für Russland ungewohnten Akzent im Sakralbau. Neben ihm wirkten v. a. Giovanni Maria Fontana, G. Schädel, Jean-Baptiste Alexandre Leblond und A. Schlüter als Planer und Baumeister. Mitte des 18. Jahrhunderts war es v. a. B. F. Rastrelli, der die unter Peter I. noch verhaltene Architektur zu höchster Monumentalität und Prachtentfaltung steigerte. Mit dem Winterpalais (1754-64) und dem Stroganowpalais in Sankt Petersburg (1752-54) sowie dem Großen Katharinenpalais in Zarskoje Selo (1752-57) schuf er eine russische Sonderform des Spätbarocks. Zusammen mit Aleksej W. Kwasow gelang es ihm auch, die traditionelle russische Fünfkuppelkirche den neuen Architekturvorstellungen anzupassen (Kirche des Smolnyjklosters in SanktPetersburg, 1748-64). Bedeutende russische Architekten waren S. I. Tschewakinskij und Dmitrij W. Uchtomskij.
 
Unter Katharina II. wurde die Formensprache in der Architektur gemäßigter und die Wende zum Frühklassizismus vollzogen, u. a. Akademie der Künste (1764-88) und Kleine Eremitage (1764-67), beide von J.-B. Vallin de la Mothe, Schloss Pawlowsk (1782-86) von Charles Cameron. Seine Vollendung fand der Sankt Petersburger Klassizismus in den Bauten von G. Quarenghi (Akademie der Wissenschaften, 1783-89; Alexander-Palais in Zarskoje Selo, 1792-96), A. D. Sacharow (Admiralität, 1806-23) und W. P. Stassow (Pawlowskkaserne, 1817/18). In Moskau wirkten W. I. Baschenow (Paschkow-Haus, 1784-86) und M. F. Kasakow (Senatsgebäude im Kreml, 1776-87; Universität, 1786-93).
 
Nach den Napoleonischen Kriegen schuf K. Rossi in Sankt Petersburg große Architekturkomplexe wie das Halbrund des Schlossplatzes mit dem Gebäude des Generalstabes und dem Triumphbogen (1819-29).
 
Auch spätklassizistische und historistische Bauten errichteten in Sankt Petersburg großenteils Ausländer, so die Isaak-Kathedrale (Pläne 1817, Ausführung 1819-58, A. R. de Montferrand) und die Neue Eremitage (1839-52, L. von Klenze). In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde den aus dem Westen übernommenen neobarocken (z. B. Opern- und Ballett-Theater in Odessa, 1884-87) oder neogotische (z. B. Stadtvilla Morosow in Moskau, 1893) Architekturformen ein neorussischen Stil entgegengesetzt (u. a. Historisches Museum, 1878-83, Tretjakow-Galerie, um 1900, beide Moskau; Bahnhof Odessa, 1879-83). Beispiele eines vollendeten russischen beziehungsweise europäischen Jugendstils stammen u. a. von F. O. Schechtel (Jaroslawler Bahnhof, 1902, Villa Rjabuschinskij, 1900-02, beide Moskau) und A. W. Schtschussew (Kasaner Bahnhof, 1914-26, Moskau).
 
 
Die Plastik war im 18. Jahrhundert eng mit der Baukunst verbunden und stand in der Tradition des europäischen Spätbarocks, so das von B. C. Rastrelli geschaffene Skulpturensemble »Große Kaskade« in Peterhof. Rastrelli schuf auch repräsentative Porträtbüsten und Denkmäler. Sozial eindringliche Charakterisierung kennzeichnet die von F. I. Schubin gearbeiteten Büsten. Eine Spitzenleistung barocker Bildhauerkunst stellte das Reiterdenkmal Peters I. von É.-M. Falconet in Sankt Petersburg dar (1782 enthüllt). Gegen Ende des 18. Jahrhunderts erlebten die nun klassizistische baugebundene Plastik (u. a. F. F. Schtschedrin, Iwan P. Prokofjew, * 1758, ✝1828; Fjodor G. Gordejew, * 1744, ✝1810) sowie die Denkmal- und Grabmalkunst (v. a. I. P. Martos) eine neue Blüte. Vertreter der spätklassizistischen Bildhauerei nach den Napoleonischen Kriegen waren u. a. Stepan S. Pimenow (* 1784, ✝ 1833) mit baugebundener Plastik, F. P. Tolstoj mit kleinformatigen Reliefs und Medaillen. Klassizismus und ein neuer Realismus verbanden sich im Werk von B. I. Orlowskij (v. a. Monumentalplastik). In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts trat besonders M. M. Antokolskij hervor, der stark psychologisierende Porträtplastiken historischer Persönlichkeiten schuf. Unter dem Einfluss des Impressionismus erlebte die russische Plastik Ende des 19. Jahrhunderts einen neuen Aufschwung. Bekannt wurde v. a. P. P. Trubezkoj. Der impressionistischen Linie folgten u. a. Anna S. Golubkina und S. T. Konjonkow, der aber schon zu einer kompakteren Formauffassung gelangte. Mit W. J. Tatlin, A. Pevsner, N. Gabo (A. Archipenko und J. Lipchitz in Paris) setzte der Übergang zur Moderne (Konstruktivismus) ein.
 
 
Die Gründung der Sankt Petersburger Akademie der Künste (1757) förderte die zunehmende Eigenständigkeit der russischen Malerei, für die das 18. Jahrhundert zum »Jahrhundert des Porträts« wurde (u. a. A. P. Antropow, O. A. Kiprenskij, D. G. Lewizkij, I. N. Nikitin, F. S. Rokotow). Im frühen 19. Jahrhundert entwickelten sich das bäuerliche Genreporträt und -bild (W. A. Tropinin, A. G. Wenezianow), die akademische Historienmalerei (K. P. Brüllow; Alesksej E. Jegorow, * 1776, ✝ 1851; später A. A. Iwanow u. a.), das Landschaftsbild (Silwestr F. Schtschedrin), das Sittenbild (P. A. Fedotow), die Architekturmalerei (F. J. Aleksejew). I. K. Ajwasowskij nahm mit seinen dramatischen Seestücken eine Sonderstellung ein.
 
Der Protest gegen den allgemeinen vorherrschenden Akademismus in der russischen Malerei des 19. Jahrhunderts führte 1870 zur Gründung der Genossenschaft der Peredwischniki, die einige Jahrzehnte das künstlerische Leben Russlands bestimmten. Zu ihren bedeutendsten Vertretern zählten A. J. Archipow, W. J. Makowskij, G. G. Mjassojedow, W. G. Perow, K. A. Sawizkij (v. a. sozialkritische Genremalerei), N. A. Jaroschenko, I. N. Kramskoj (vornehmlich Porträtmalerei), I. J. Repin (Porträt und Gruppenbild), N. N. Ge, W. I. Surikow (realistische Historienmalerei), I. I. Schischkin, der impressionistischer I. I. Lewitan (Landschaftsmalerei), W. W. Wereschtschagin. Berühmtester Vertreter des russischen Symbolismus war M. A. Wrubel.
 
In provokativer Abkehr von der sozial erstarrten Thematik und dem anachronistischen Kunstverständnis der Peredwischniki, auf der Suche nach neuen Stilrichtungen und Konzepten entstanden verschiedene Künstlergruppen und -vereinigungen: »Welt der Kunst« (»Mir Iskusstwa«), 1898 (v. a. L. Bakst, A. N. Benois, J. J. Lansere, K. A. Somow), »Blaue Rose«, 1907 (u. a. Pawel W. Kusnezow, * 1878, ✝ 1968; Nikolaj N. Sapunow, * 1880, ✝ 1912; M. S. Sarjan), »Karo-Bube«, 1911 (D. Burliuk und Wladimir D. Burljuk, * 1886 oder 1887, ✝ 1917; R. R. Falk; I. I. Maschkow; P. P. Kontschalowskij u. a.), »Eselschwanz«, 1912 (Natalija S. Gontscharowa, M. F. Larionow u. a.). Die Mitglieder von »Karo-Bube«, deren Kern auch als Moskauer Cézannisten bekannt wurde, schufen die russische Variante des Kubismus, den »Kubofuturismus«. K. S. Malewitsch prägte mit seiner gegenstandslosen Malerei den Suprematismus, während Pawel N. Filonow (* 1883, ✝ 1941) eine »analytische Kunst« pflegte, M. Chagall einen malancholisch-mystischen Expressionismus entwickelte. Nicht wenige russische Künstler schlossen sich nach 1900 internationalen Kunstrichtungen an, wie W. Kandinsky, A. von Jawlensky und Marianne von Werefkin dem deutschen Expressionismus.
 
 RUSSISCHE KUNST IN DER ZEIT DER SOWJETHERRSCHAFT
 
Die Kunst von 1917 bis 1932
 
 
Die avantgardistischen Architekturideen (u. a. von Tatlin, El Lissitzky, Malewitsch, N. Gabo) der ersten Revolutionsjahre sind kaum zur Verwirklichung gelangt. Konstruktivistische Bestrebungen, an denen auch Ausländer (z. B. Le Corbusier) teilnahmen, wirkten jedoch bis in die 1930er-Jahre fort. Neben der Diskussion architekturtheoretischer Probleme, Generalbebauungsplänen und der Lösung repräsentativer Bauaufgaben (z. B. Palast der Arbeit in Moskau, 1922; Entwurf des Gebäudes der »Leningradskaja Prawda«, 1924) spielte die Errichtung von Gesellschafts- und Industriebauten eine wichtige Rolle: u. a. »Istwestija«-Gebäude in Moskau (1925-27; Grigorij B. Barchin), Gorkij-Kulturpalast in Leningrad (1925-27), Leninmausoleum in Moskau (1924-30; A. W. Schtschussew), Pavillons der Moskauer Landwirtschaftsausstellung (1923; K. S. Melnikow u. a.), »Prawda«-Gebäude in Moskau (1929-35; Pantelejmon A. Golossow), »Dneproges« (Wasserkraftwerk am Dnjepr, 1927-32; Brüder A. A., L. A., W. A. Wesnin u. a.).
 
1925-32 existierte der konstruktivistisch orientierte Verband Moderner Architekten. Gleichzeitig forderte Im Allgemeinen Fomin, der Gründer der Leningrader Architektenschule, eine »sowjetische Dorik«, d. h. Rückbesinnung auf die Klassik. Wichtig wurden Fragen des Wohnungsbaus, wobei sich eine Architekturrichtung auf fortschreitende kompakte Urbanisierung, auf Agrostädte und das Kommunehaus hin orientierte, eine andere, die »Desurbanisten«, für eine Ballungsauflösung eintrat und »Besiedlungslinien« favorisierte. 1931 wurde ein folgenreiches Programm für Städtebau und Siedlungswesen verabschiedet (beteiligt waren auch westeuropäische Architekten wie E. May, Hannes Meyer, Hans Schmidt u. a.).
 
 
Nach Revolution und Bürgerkrieg gab es eine regelrechte Denkmalpropaganda, ein bildhauerisches »Programm«, an dessen Umsetzung Künstler der verschiedensten Stilrichtungen mitwirkten, von der akademisch realistischen Tradition bis hin zum Kubofuturismus: u. a. Nikolaj A. Andrejew; Boris D. Koroljow (Bakunin-Denkmal, 1918, kubofuturistisch); S. T. Konjonkow, Iwan D. Schadr (Pflastersteine - Waffe des Proletariats, 1927, akademisch), Sergej D. Merkurow (Timirjasew-Denkmal, 1923, Moskau, konstruktivistisch). In die frühen 1920er-Jahre fallen auch die plastischen Experimente von El Lissitzky, Ljubow S. Popowa, A. M. Rodtschenko, W. E. Tatlin.
 
Malerei/Grafik:
 
Einen Hauptbereich der frühen Revolutionskunst bildeten das Plakat und die informierenden, kommentierenden und agitierenden, nicht selten hochsatirischen ROSTA-Fenster, die sich einer lapidaren, naiven, an moderner Kunst, am Volksbilderbogen (Luboks) und der erzählenden vielfigurigen Ikone orientierenden Bild- und Plakatsprache bedienten. Die bewusst moderne Haltung dieser Agitationskunst führte im Kreis um W. W. Majakowski (Gruppe »LEF« [»Linke Front der Kunst«], seit 1923) zur Vorstellung von einer utilitär abbildenden Kunst. Im Bühnenbild wirkten Traditionen der Künstler von »Mir Iskusstwa« und expressive Tendenzen weiter, die durch konstruktivistische Elemente ergänzt wurden. Ein breites Experimentierfeld boten das Filmplakat und die Fotografie mit Fotomontagen und Collagen (El Lissitzky, A. M. Rodtschenko u. a.). Eine besonders Rolle spielte (bis etwa 1923/24) die Massenkunst im Sinne der Festgestaltung von ganzen Straßen und Plätzen. Zu den bedeutenden Vertretern dieser revolutionären Aktionskunst zählten u. a. N. I. Altman, Chagall, S. W. Gerassimow, K. K. Kandinsky, B. M. Kustodijew, K. S. Malewitsch, K. S. Petrow-Wodkin, Dawid P. Schterenberg (* 1881, ✝ 1948).
 
Auch in der Tafelmalerei und Grafik verstärkte sich in Abgrenzung zum Traditionalismus und zur verabsolutierenden Negation des Tafelbildes im Bereich der konstruktivistischen Theorie das Streben nach Erneuerung. N. N. Kuprejanow (* 1894, ✝ 1933), Wladimir W. Lebedew (* 1891, ✝ 1967), Schterenberg u. a. suchten nach einem neuen gegenständlichen Bildkonzept, und die russischen Cézannisten entwickelten ihren »malerischen Realismus« weiter. 1921 entstanden mit den Gruppen »NOSCH« (»Neue Künstlervereinigung«) und »Bytije« (»Sein«) erste Künstlervereinigungen, die für eine neue realistische Malerei eintraten. Sie griffen zeitgenössische Themen auf und bedienten sich zum Teil naiver, grotesker Bildformen. 1922 folgte die Gründung der AChRR (Assoziation der Künstler des revolutionären Russlands), deren Mitglieder sich der realistischen Kunst der Peredwischniki verpflichtet fühlten (u. a. Mitrofan B. Grekow, * 1882, ✝ 1934; Nikolaj A. Kassatkin, * 1859, ✝ 1930; Sergej W. Maljutin, * 1859, ✝ 1937). Die 1924 gegründete Gruppe »Vier Künste« propagierte einen sich am russischen »Cézannismus« orientierenden »malerischen Realismus« (W. A. Faworskij, Wera I. Muchina, K. S. Petrow-Wodkin, M. S. Sarjan u. a.). Diesem Konzept stand auch die Gruppe »Moskauer Maler« nahe (1925 gegründet, ab 1927 »Gesellschaft Moskauer Künstler«), zu der u. a. R. R. Falk, Aristarch W. Lentulow (* 1882, ✝ 1943), I. I. Maschkow gehörten. In der Gruppe »OST« (»Gesellschaft der Staffeleimaler«, 1924 gegründet) organisierten sich Künstler, die für einen vom Konstruktivismus abgeleiteten Realismus eintraten, u. a. A. A. Deineka, Pawel N. Filonow (* 1883, ✝ 1941), J. I. Pimenow, Schterenberg, der etwas fantastisch-groteske Aleksandr G. Tyschler (* 1898, ✝ 1980). Nach wie vor gab es - in Fortsetzung der Proletkult-Diskussion - Debatten um das Schöpfertum der Volksmassen, das »naive« Realismusverständnis und die Themenwahl, wobei sich langsam ein spezifischer Genrerealismus und die revolutionäre Historienmalerei in den Vordergrund drängten. Künstler der Gruppe »Oktjabr« (»Oktober«, 1928 gegründet) wandten sich mit einer modernen Bildsprache besonders dem Thema der sozialistischen Industrialisierung zu (u. a. Deineka; Jurij I. Pimenow, * 1903, ✝ 1977; Rodtschenko). Die künstlerische Reaktion, unterstützt durch die Partei, setzte sich jedoch mit der 1932 verfügten Auflösung aller Künstlergruppen durch.
 
Die Kunst von 1933 bis 1956
 
 
Städte-, Wohnungs- und Industriebau standen weiterhin im Vordergrund (Generalbebauungsplan Moskau, 1931-35). Folgenreich war die Entscheidung für das von Boris M. Iofan (* 1891, ✝ 1976), Wladimir A. Schtschuko (* 1878, ✝ 1939) und Wladimir G. Helfreich (* 1885, ✝ 1967) ausgearbeitete Projekt des Moskauer Palastes der Sowjets (nicht ausgeführt). Damit wurde die Abgrenzung vom westlichen »kosmopolitischen Modernismus« und die endgültige Hinwendung zum bisher latenten Historismus, d. h. dem sowjetischen Neoklassizismus, in der Architektur vollzogen. 1944/45 begann der Wiederaufbau der kriegszerstörten Städte und Dörfer. Großzügige städtebauliche Lösungen wurden angestrebt, für die der Eklektizismus des neoklassizistischen Historismus aber Grundlage blieb. In Moskau errichtete man eine Serie von Hochhausbauten (u. a. Lomonossow-Universität, 1948-52, Lew W. Rudnew, Sergej E. Tschernyschow u. a.) und setzte den Ausbau der Metrostationen im pompösen Vorkriegsstil fort (z. B. Station Taganskaja).
 
 
Mit den Städtebauprogrammen war die Errichtung von Denkmälern verbunden, die der akademischen, meist neoklassizistischen Tradition folgten (Wera I. Muchina, Arbeiter und Kolchosbäuerin, 1937).
 
Malerei/Grafik:
 
Experimentelle Kunstauffassungen traten zurück. Vorherrschend wurde der sozialistische Realismus, der an die Traditionen der Peredwischniki und der AChRR anknüpfte und einer altmeisterlichen Nationalkunst den Weg bereitete (u. a. I. E. Grabar; Pawel D. Korin, * 1892, ✝ 1967; Michail W. Nesterow, * 1862, ✝ 1942). Zweifellose Neuschöpfung der 1930er-Jahre war das vom politischen System geprägte und auf die Person Stalins hin orientierte Führerbild, das für die nächsten zwei Jahrzehnte ein zentrales Genre wurde. In der Zeit des Zweiten Weltkrieges erfuhren Plakatkunst und Pressezeichnung eine deutliche Aufwertung, auch durch die Neubelebung der Tradition der ROSTA-Fenster in den TASS-Fenstern (u. a. Kukryniksy). Hauptwerke der Malerei 1941 bis 1945 schufen Deineka, S. W. Gerassimow, Korin (Historienbilder) und Arkadij A. Plastow (* 1893, ✝ 1972). Das Ende des Zweiten Weltkrieges hatte Hoffnungen auf eine Liberalisierung auch im Bereich der bildenden Künste geweckt, und die 1. Allunionskunstausstellung 1946 wurde zu einem wirklichen »Fest der Kunst«. Es folgten jedoch erneut einengende, repressiv angewandte Richtlinien für Kunst und Kultur. Zu den betroffenen Künstlern zählten u. a. N. I. Altman, Deineka, Falk, Faworskij, Gerassimow, P. P. Kontschalowskij, Schterenberg, Tyschler, bei den Bildhauern u. a. Aleksandr T. Matwejew (* 1878, ✝ 1960) und Koroljow. Die gegen den Stilpluralismus gerichtete Doktrin des sozialistischen Realismus wurde zur absolut verbindlichen Richtlinie mit einer kontraproduktiven Genrehierarchie: das Porträt verdienstvoller Partei-, Staats- und Armeeführer; die Darstellung politischer Rituale; die Schlachten- und Historienmalerei; die vereinnahmte revolutionäre Vergangenheit; sozialistischer Aufbau und sozialistischer Mensch. Eine untergeordnete Rolle spielten das einfache Genrebild, das schlichte Porträt, Landschaftsmalerei und Stillleben. Stalins Tod 1953 machte den Weg für eine Liberalisierung des sowjetischen Gesellschaftssystems frei. Ab Mitte der 1950er-Jahre zeichneten sich erste Ansätze zur Überwindung schematischer und naturalistischer Vorstellungen innerhalb des sozialistischen Realismus ab.
 
Die Kunst von 1957 bis 1991
 
 
Sie war geprägt durch den enormen Aufschwung industriellen Bauens nicht nur im Massenwohnungsbau, sondern auch im Gesellschaftsbau (Kongresspalast im Kreml, 1961, RGW-Gebäude, 1969, beide Moskau, Michail W. Possochin u.a.). Hinzu kamen großzügige städtebauliche Rekonstruktionsmaßnahmen, wie z. B. der Moskauer Kalininprospekt (heute Neuer Arbat; 1964-69, Possochin u. a.), der Bau ganzer Städte (Zelinograd, Bratsk, Norilsk), die Gestaltung großer Memorialkomplexe wie in Wolgograd und der Denkmälerring um Moskau und Leningrad.
 
 
Die plastischen Handschriften gewannen an Individualität und Vielfalt, wie sich auch die sowjetisch bildende Kunst insgesamt wieder auf das stilistische, methodische und ästhetische Erbe der 1920er-Jahre rückbesann und der westeuropäische Neorealismus, der amerikanische Realismus und die abstrakte Kunst zu wichtigen Impulsgebern wurden. Unaufhaltsam löste sich die Plastik von den akademischen, plakativ-realistischen und naturalistischen Auffassungen und fand zu neuem Gefühl und Reichtum der Form (u. a. Lea Dawydowa-Medene, * 1921; Oleg Komow, * 1932; Turgunbaj Sadykow, * 1935). Daneben behielt der sowjetische Akademismus in der Plastik, repräsentiert durch Lew E. Kerbel (* 1917), Nikolaj W. Tomskij (* 1900, ✝ 1984) und Jewgenij W. Wutschetitsch (* 1908, ✝ 1974), seine feste Position. In einer konzeptualen Richtung arbeiteten u. a. seit den 1960er-Jahren E. I. Neiswestnyj und Wadim Sidur (*1924, ✝ 1986).
 
Malerei/Grafik:
 
Ein neuer, engagierter Realismus setzte sich durch (u. a. Wiktor Iwanow, * 1924; Andrej Wasnezow, * 1924). Seine typischen Ausdrucksformen waren der expressive strenge Stil mit lakonischer Bildsprache und oft dunkler, erdiger Farbgebung (u. a. Jewsej Moisejenko, * 1916; Wiktor Popkow, * 1932, ✝ 1974), der realistisch-symbolhafte Stil (u. a. Gelij Korschew, * 1925; Michail Sawizkij, * 1922; Dmitrij Bisti, * 1925) und eine mitunter zum Romantisieren neigende Richtung (Tatjana Jablonskaja). Einen erneuten Rückschlag brachte die Novemberausstellung 1962 in der Moskauer Manege, deren Kritik zu einer klaren, lange nachwirkenden Polarisierung zwischen offiziell anerkannter und alternativer, nonkonformistischer Kunst führte. Seit Ende der 1960er-Jahre entwickelte sich eine fast unüberschaubare Vielfalt der Themen, Stile, künstlerischen Techniken und Experimente sowie der ästhetischen Programme. Ab Mitte der 1970er-Jahre ließen sich vier große Kunstsektoren konstatieren: die offizielle, zunehmend anachronistische und bedeutungslos werdende Propagandakunst (u. a. Dmitrij A. Nalbandjan, * 1906); Fjodor P. Reschetnikow, * 1906, ✝ 1988); die vielgestaltige, weitgehend selbstbestimmte konforme beziehungsweise geduldete Kunst (Olga Bulgakowa; Oleg Filatschew; Tatjana Nasarenko, * 1944; W. Popkow; Jelena Romanowa, * 1944; Aleksandr Sitnikow, * 1945); die verfolgte nonkonformistische Kunst; die Kitschsphäre, die sich in den 1980er-Jahren unter kommerziellen Gesichtspunkten entfaltete. Die nonkonformistische Kunst erlebte ihren Höhepunkt in den 1960er- und 70er-Jahren bis etwa 1985. Sie war nicht avantgardistisch, denn sie stellte - im Gegensatz zur Avantgarde der 1920er-Jahre - kaum wirklich Neues dar, sondern kultivierte - ihr eigentliches Verdienst - bereits bestehende und international bekannte Kunstrichtungen und -stile: den irrationalen Abstraktionismus (u. a. Eduard Schtejnberg, * 1937); den geometrischen Abstraktionismus (u. a. Wladimir Andrejenkow, * 1930); den Suprematismus (Francisco Infante, * 1943); den Neoprimitivismus (u. a. Arkadij Petrow, * 1940); Happening/Environment (u. a. Komar & Melamid [Witalij Komar, * 1943, und Aleksandr Melamid, * 1945]); Conzeptart (Swen Gundlach, * 1959; Ilja J. Kabakow); Minimalart (A. I. Schigalow u. a.); Objektkunst (u. a. Boris Orlow, * 1941; Leonid Sokow, * 1941). Eine großenteils eigenständige Leistung stellte die vordergründige, systemkritische »Soc Art« dar (u. a. Erik W. Bulatow, * 1933; Komar & Melamid; Dmitrij Wrubel * 1960; Konstantin Swesdotschetow* 1958). In der nonkonformistischen Kunstszene bildeten sich zahlreiche Gruppen ohne feste innere Struktur, so die »Lijanosowskaja Gruppa« (u. a. Kabakow, Wladimir Nemuchin, * 1925), »Dwischenije« (»Bewegung«, u. a. F. Infante; Lew Nusberg, * 1937), »Letopis« (»Annalen«, u. a. Jelena Figurina; Timur Nowikow, * 1958), »Kollektiwnye Dejstwije« (»Kollektive Handlung« u. a. Nikita F. Aleksejew, * 1953; Andrej W. Monastyrskij, * 1949), »Muchomor« (»Fliegenpilz«, u. a. Swen Gundlach, * 1959), »Neue Künstler« (u. a. Sergej Bugajew, * 1966; Oleg Kotelnikow, * 1958; Iwan Sotnikow, * 1961), »Ingenieure der Kunst« (u. a. S. Bugajew; F. Rotwald; Grigorij Strelnikow, * 1972). Weitere Gruppen waren »Mitki«, »Nekrorealisten«, »TOTART«, »Krasnaja Swesda« (»Roter Stern«), »Tschempiony mira« (»Weltmeister«).
 
 RUSSISCHE KUNST SEIT 1992
 
Mit der Auflösung der Sowjetunion entfielen sowohl die gesellschaftlichen Bedingungen für die offizielle Sowjetkunst als auch die nonkonformistische Kunst, die in eine Krise geriet und sich zu einem nicht geringen Teil der Konjunktur des Kunstmarktes anpasste. Bei dem Versuch der künstlerischen Aufarbeitung der russischen Gegenwartsspezifik bedienen sich die Künstler unterschiedlichster Techniken, vom Tafelbild bis hin zu imaginären Bildräumen, Performances und Rauminstallationen (u. a. I. Kabakow; Sergej Prisenkin, * 1959; Wadim Sacharow [Vadim Zakharov], * 1959; Irina Satulowskaja, * 1954; Aleksej Sundukow, * 1952).
 
In der Architektur entstehen v. a. in Moskau zahlreiche Bauten in Anlehnung an die moderne westliche Architektur, aber auch im Stil des russischen Eklektizismus (in der Monumentalplastik durch Surab Zereteli, * 1928, vertreten: Denkmal Peters I.; 1996/97), der u. a. auf das architektonische Formenerbe des stalinistischen Neoklassizismus zurückgreift. Gleichzeitig errichtet man in Moskau in detailgetreuer Kopie Gebäude, die in den 1930er- und 40er-Jahren zerstört wurden, als Symbole des postsozialistischen Russland neu (z. B. Auferstehungstor, 1993-95; Erlöserkathedrale, 1995-97).
 
 
Gesch. der r. K., hg. v. I. E. Grabar u. a., 6 Bde. (a. d. Russ., Dresden 1957-76);
 A. V. Bunin: Gesch. des russ. Städtebaus bis zum 19. Jh. (a. d. Russ., Berlin-Ost 1961);
 H. Faensen u. W. Iwanow: Altruss. Baukunst (ebd. 21974);
 C. Gray: Das große Experiment - Die r. K. 1863-1922 (a. d. Engl., 1974);
 
Gesch. der r. K., hg. v. M. W. Alpatow u. a. (a. d. Russ., Dresden 1975);
 I. Golomshtok u. A. Glezer: Unofficial art from the Soviet Union (London 1977);
 
Kunstdenkmäler in der Sowjetunion, hg. v. R. Hootz, Bd. 1: Moskau u. Umgebung (a. d. Russ., 1978);
 H. Gassner u. E. Gillen: Zw. Revolutionskunst u. Sozialist. Realismus (1979);
 
Die Kunst der Oktoberrevolution, hg. v. M. German (a. d. Russ., 1979);
 
Paris - Moscou 1900-1930, Ausst.-Kat. (Paris 1979);
 S. O. Chan-Magomedow: Pioniere der sowjet. Architektur (a. d. Russ., Dresden 1983);
 H. Faensen u. K. G. Beyer: Kirchen u. Klöster im alten Rußland (Neuausg. Wien 1983);
 
Kulturpalast. Neue Moskauer Poesie u. Aktionskunst, hg. v. G. Hirt u. a. (a. d. Russ., 1984);
 
Russ. Avantgarde 1910-1930, bearb. v. E. Weiss, Ausst.-Kat. (1986);
 
1 000 Jahre r. K., bearb. v. E. Weiher, Ausst.-Kat. (1988);
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 M. C. Bown: Kunst unter Stalin 1924-1956 (a. d. Engl., 1991);
 G. Hallmann: Russ. Realisten in der 2. Hälfte des 19. Jh. (1989);
 L. Lissenko: Die russ. Holzbaukunst (a. d. Russ., 1989);
 H. Faensen: Siehe die Stadt, die leuchtet. Altruss. Baukunst 1000-1700 (1990);
 A. Mironowa: Kunstschätze Altrußlands (a. d. Russ., Leipzig 1990);
 
Zwanzig sowjet. Photographen 1917 bis 1940 (Amsterdam 1990);
 
Zeitgenöss. Kunst aus Moskau. Von der Neo-Avantgarde zum Post-Stalinismus, bearb. v. B. Groys (1991);
 
Russ. Avantgarde im 20. Jh., hg. v. E. Weiss, Ausst.-Kat. Josef-Haubrich-Kunsthalle, Köln (1993);
 M. von Griechenland: Die Zarenpaläste Russlands (a. d. Engl., 1994);
 
Tyrannei des Schönen. Architektur der Stalin-Zeit, hg. v. P. Noever, Ausst.-Kat. Österreich. Museum für Angewandte Kunst, Wien (1994);
 
Flug - Entfernung - Verschwinden. Konzeptuelle Moskauer Kunst, hg. v. K. Becker u. a., Ausst.-Kat. Galerie Hlavvího Mesta Prahy, Prag (1995, dt., russ., tschech.);
 C. Cooke: Russian avant-garde. Theories of art, architecture and the city (London 1995);
 
Kunst im Verborgenen. Nonkonformisten in Rußland 1957-1995, hg. v. A. Erofeev u. J.-H. Martin Ausst.-Kat. Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen (1995);
 A. N. Lawrentjew: u. J. W. Nasarow: Russ. Design. Tradition u. Experiment 1920-1990 (1995);
 
Nonkonformisten. Die zweite russ. Avantgarde 1955-1988, hg. v. H. P. Riese (1996);
 
Konstruktivismus in Rußland, bearb. v. D. Hezel (1997).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Orphismus, Futurismus, Rayonismus und Pittura metafisica: Bewegung und Erstarrung
 

Universal-Lexikon. 2012.

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